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21. Tag · 8.10.2007

Cacabelos – Vega de Valcarce
25,5 km (432,5 km) · 6 Std. 30 Min. – Camino Duro I

Ich komm fast nicht aus dem Haus raus, gestern war es noch eine Bar, heute ist alles geschlossen. Ich sehe ein Licht, schreie OLA, und ein junger Spanier lässt mich durch die Hintertür raus.

Stockdunkel und saukalt heute. Erst ein Stück an der Straße N6 entlang, dann rechts ab, durch die Weinberge bis nach  VILLAFRANCA DEL BIERZO (8,5 km). Ich hatte noch keinen Kaffee noch nichts zu Beißen heute.

In der erstbesten Bar treffe ich die drei Kanadier von gestern wieder, kurzer Smalltalk, Café con Leche, essen tu ich nichts, hab keinen Bock auf Kuchen und Bocadillo.

Nachdem ich etwas rumgetrödelt habe, mache ich mich auf den ersten Teil des Camino duro (duro = hart). Ich entscheide mich für die Variante "la Montania“, also über den Berg anstatt der Autobahn entlang. Die Kanadier und Markus entscheiden genauso.

So geht’s dann elf km lang, erst sehr steil, dann allmählich steigend, immer an der Talflanke entlang, dann wieder eher steil nach unten, bis ich nach zwei Std. 45 Min. das Dorf  TRABADELO erreiche.

Jetzt brauche ich unbedingt etwas zu essen und vor allem eine große Cervesa. Dem Schild Bar folgend sehe ich schon Markus den Schweizer sitzen, der mich ziemlich am Anfang der Bergetappe überholt hatte. Er hat schon die zweite Cervesa Grande und begrüßt mich mit „da sieht man, was die Harten sind, die Kanadier sind noch nicht da!“ Auch die haben mich gleich am Anfang der Steigung abgehängt. Ich bestelle mir auch einen Cervesa Grande und wie Markus ein Bocadillo Jamon cosido é queso (gekochter Schinken ...). Hier mache ich mindestens eine Stunde Pause. Christoph, der andere Schweizer, und Felix, der Kollege aus dem Osten, kommen auch dazu, sie sind der Autobahn entlang gegangen.

Jetzt auf die letzten sechs km für heute. Einer der Kanadier erzählt mir von der ALBUERGE DO BRASIL – good food – da checke ich doch gleich ein, die Herberge ist am Ortsanfang. Nette Musik; Christina, eine weiße Brasilianerin, nimmt meine Daten auf und kassiert. Die Übernachtung ist hier teuer. Dinner 20,00 EUR – na ja, good food and all you can eat (brauche ich auch nach dieser anstrengenden Etappe).

Endlich um 19:00 Uhr Bimmel-Bimmel – jetzt gibt’s was zu futtern – Tisch im Freien ist ja schön gedeckt.

Der brasilianische Hostelero macht ein Mords Tamtam vor dem Essen. Also: Jeder soll sich vorstellen, seinen Namen, seine Nationalität und warum er hier ist, sagen. Hä?? Er übersetzt alles ins englische, und dann stellt er sich vor: Er käme aus Brasilien, ist nur deshalb da, damit wir hier halten und uns wohlfühlen *Hä?? Blablabla, der hört sich gerne reden. Mir wäre fast der Kragen geplatzt, dann hat er doch mal aufgehört. Mittlerweile war es fast dunkel, kein Licht im Freien, und es wurde saukalt, so ein Sch....

Endlich kommt der Salat (war gut), dann Tomaten mit einer Thunfischpaste – „all you can eat“ geht gar nicht, mehr ist von Salat und Tomaten gar nicht da! Dann so was wie Eintopf, mit etwas Fleisch drin (keine Ahnung welches) und die dünne, scharfe Paprikasalami mit Reis, war auch gut. Keiner fasst nach, da jeder meint, es kommt noch ein Gang wie das hier so üblich ist – Pustekuchen – aus war's. Jeder bekommt noch einen Keks mit etwas Marmelade drauf – ready - **Häää – das wars für 13,00 EUR? (Der Wein war aber auch dabei).

Das ärgert mich, ich telefoniere mit Ute und lade meinen Frust ab, sorry Ute, aber ich hatte wirklich Hunger nach dieser Etappe, hatte nur ein Schinken Bocadillo den ganzen Tag und dann so etwas – nein, also wirklich.

Dann hab ich mich an die Worte von Ulli aus Deutschnofen erinnert, die immer gesagt hat "glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“.

Ich gehe noch ins Dorf, die Kanadier suchen, die aus Winnepeck, die mir den Tipp "good food" gegeben haben. Sie haben natürlich in der Bar gespeist und zwar vorzüglich, wie man mir sofort mitteilt.  "Glücklich ist ...“

Ich ratsche noch mit einem jungen Pärchen aus MALAGA, die mir seit Rabanal immer wieder über den Weg humpeln (Muskelkater, erzählt sie mir). Sie spricht gut Englisch und übersetzt für ihren Freund.

Nach einem Espresso con Orujo und einem Coppa Vino Tinto mit dem Pärchen gehen wir in die Herberge. Um 21:15 Uhr frag ich den Hostelero noch nach einem Glas Wein – ok, from me, but after this you go to bed - **Hää??? Ja, der hat vielleicht einen Hammer, wo sind wir denn? "Glücklich ist ...“

Also ab in den Stall, der diesen Ausdruck zutiefst verdient.

Die Hochbetten sind in Zweier- und Dreiherreihen aufgestellt, also wie Doppelbetten oder Dreifach-Betten (ich habe ein Doppelbett mit einem Franzosen), damit mehr Sardinen in die Dose passen. Die Tür zum Stall lässt sich nicht verschließen, die ganze Nacht zieht es wie Hechtsuppe und dazu der übliche, menschliche Geräuschpegel. Ich kann so gut wie nicht schlafen, mich friert wie einen Hund, ziehe mir meine Windjacke an.

"Glücklich ist ..."

Fazit:

DER EIGENTLICHE "CAMINO DURO“ WAR DIE HERBERGE DO BRASIL

Ich überlege, ob ich die deutschen Verleger über diesen Saustall informieren soll.

"Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“

 

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